Human-Computer Interaction

Der Effekt von Tangible AR auf Cognitive Load, Motivation, Emotion und Performance im Bildungskontext


This project is already completed.

1. Motivation / Ziele

Übergreifendes Ziel dieser Forschungsarbeit ist es, die Wirkung von TAR im Bildungskontext zu untersuchten. Zu diesem Zweck wurde die TAR-App “Horst - the teaching frog” entwickelt, mit welcher Schüler der sechsten Jahrgangsstufe die Anatomie von Fröschen lernen sollen. Die Funktionen der App wurden anhand der etablierten Lerntheorien Behaviorismus, Kognitivismus und Konstruktivismus entwickelt und beinhalten neben den Modi “geführte Sektion” und “freie Sektion” ein Quiz zur Wiederholung des Gelernten. Um die App insbesondere für Kinder attraktiv zu gestalten wurden Prinzipien des Playful User Interface-Designs angewandt und Spielmechaniken wie etwa ein Punktesystem, Achievements und eine Bestenliste implementiert. Im vorangehenden HCI-Projekt wurde das Design der Anwendung erörtert sowie Intuitivität, User Experience (UX) und Präferenz von TAR im Vergleich zu einem reinen Smartphone- und AR-Interface untersucht. Es zeigte sich, dass TAR-Horst eine höhere UX und Präferenz aufwies als die Smartphone- und AR-Variante. Die Intuitivität lag bei allen drei Versionen auf einem gleichartig hohen Niveau. Nachdem die Intuitivität und UX von TAR-Horst in der ersten Studie validiert wurde, soll in der Masterarbeit nun die Wirkung von TAR-Horst auf Lernleistung und ihre Mediatoren untersucht werden. Zu diesem Zweck wird eine Nutzerstudie durchgeführt, bei der die TAR-App “Horst - the teaching frog” hinsichtlich ihrer Lehr-Lern-Qualitäten mit einem klassischen Textbuch und der Smartphone-Version verglichen wird.

2. Forschungsstand / Vorarbeiten

Es gibt viele verschiedene Faktoren, welche sich auf Lernprozess und Lernleistung auswirken. Im Zuge dieser Masterarbeit werden drei ausgewählte Mediatoren der Lernleistung näher betrachtet und erörtert, inwiefern sie durch bestimmte Designentscheidungen positiv beeinflusst werden können und in welcher Form sie sich auf die Lernleistung auswirken. Bei den ausgesuchten Faktoren handelt es sich um Emotion, kognitive Belastung und Motivation.

2.1 Emotion

Emotionen gelten als komplexes Gefüge, welche sich aus affektiven, kognitiven, konativen und physiologischen Komponenten zusammensetzen ^1. Entsprechend dem Rahmenmodell zu Ursachen und Wirkungen von Emotionen in technologiebasierten Lernumgebungen können technologiebasierte Lernumgebungen direkt und über Appraisal, emotionale Übertragung und Lernermerkmale auf die Emotionen eines Lerners auswirken ^2. Dabei sollten Designer beispielsweise auf eine optimale Nutzungs- und Instruktionsqualität sowie eine angemessene Leistungsrückmeldung achten.

2.2 Kognitive Belastung

Es werden drei verschiedene Arten von kognitiver Belastung unterschieden: (1) die inhaltsbedingte Belastung, welche sich aus der Komplexität des Lerninhalts ergibt, (2) die lernrelevante Belastung, welche durch das Elaborieren des Lerninhalts entsteht und (3) die sachfremde Belastung, welche durch das Design der Lernumgebung verursacht wird ^3. Die sachfremde kognitive Belastung lässt sich beispielsweise durch die Anwendung von Multimediaprinzipien ^4 und durch ein geeignetes emotionales Design reduzieren ^2.

2.3 Motivation

Motivation bezeichnet die “psychologische Verhaltensbereitschaft […], die u.a. die Zielrichtung, die Ausdauer und die Intensität des Verhaltens beeinflusst.” ^5 und lässt sich in zwei Arten unterscheiden: (1) Intrinsische Motivation, bei der eine Person etwas tut, weil es interessant oder unterhaltsam ist und (2) Extrinsische Motivation, bei der eine Person durch eine wünschenswerte Folge z.B. Belohnung angetrieben wird ^6. Eine technologiebasierte Lernanwendung kann intrinsische Motivation fördern, indem sie die Grundbedürfnisse des Lerners nach Kompetenzerleben, Selbstbestimmung und sozialer Eingebundenheit unterstützt ^7. Zudem können positive aktivitätsbezogene Emotionen die intrinsische Motivation erhöhen ^2. Zur extrinsischen Motivation kann Gamification eingesetzt werden ^8.

2.4 Lernleistung

Aus der Emotionsforschung ist bei positiv aktivierenden aufgaben-fokussierten Emotionen eine erhöhte Lernleistung zu erwarten ^2. Entsprechend der Cognitive Load Theory stehen bei reduzierter sachfremder Belastung mehr kognitive Ressourcen für lernförderliche Aktivitäten zur Verfügung, was sich positiv auf die Lernleistung auswirkt ^3. Insbesondere intrinsische Motivation führt zu qualitativ hochwertigem Lernen und Kreativität und kann daher die Lernleistung verbessern ^6. Eine optimale Gestaltung einer technologiebasierten Lehranwendung wie “Horst - the teaching frog” kann entsprechend der vorangehenden Erläuterung zu Vorteilen hinsichtlich Emotion, kognitive Belastung, Motivation und folglich Lernleistung gegenüber dem klassischen Textbuch aufweisen. Da es Hinweise zu der positiven Wirkung von AR und Tangibles auf Emotion, kognitive Belastung, Motivation und Lernleistung hat ist es zudem möglich, dass die TAR-Version der App zu besseren Ergebnissen führt als die Smartphone-Variante.

3. Geplante Methodik / Konzepte

Geplant ist eine Nutzerstudie im Mixed Design. Als unabhängige Variable dient die Art des Lehrmediums in drei Stufen: Textbuch, GUI-App und TAR-App. Erhoben werden sollen vier Variablen: Emotion (prä & post) mit dem PANAS ^9, kognitive Belastung (post) mit der PAAS scale ^10, Motivation (post) mit dem IMI ^11 und die Lernleistung (prä & post) durch ein Examen. Insgesamt 90 Probanden sollen randomisiert einer der drei Bedingungen zugewiesen werden und eine Lehr-Lern-Intervention in Form einer geführten Frosch-Sektion absolvieren. Im Anschluss an die Post-Fragebögen sollen im offenen Format erfragt werden, was ein Lerner gut bzw. schlecht am jeweiligen Lehrmedium fand und Verbesserungsvorschläge eingeholt werden. Die im Rahmen der Nutzerstudie erhobenen Prä-Post-Daten sollen mit Hilfe eines statistischen Verfahrens mit Messwiederholung analysiert werden, während für die Between-Daten (Emotionsdifferenz prä-post, kognitive Belastung, Motivation und Lernleistungsdifferenz prä-post) Gruppenvergleiche durchgeführt werden sollen.

4. Literatur

^1 P. R. Kleinginna und A. M. Kleinginna, „A categorized list of emotion definitions, with suggestions for a consensual definition“, Motiv Emot, Jg. 5, Nr. 4, S. 345–379, 1981, doi: 10.1007/BF00992553.

^2 K. Loderer, R. Pekrun und A. C. Frenzel, „Emotionen beim technologiebasierten Lernen“ in Handbuch Bildungstechnologie, Handbuch Bildungstechnologie: Konzeption und Einsatz digitaler Lernumgebungen, H. M. Niegemann und A. Weinberger, Hg., Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg, 2020, S. 417–437, doi: 10.1007/978-3-662-54368-9_38.

^3 P. Chandler und J. Sweller, „Cognitive Load Theory and the Format of Instruction“, Cognition and Instruction, Jg. 8, Nr. 4, S. 293–332, 1991, doi: 10.1207/s1532690xci0804_2.

^4 R. E. Mayer, Multimedia learning. Cambridge: Cambridge University Press, 2009.

^5 Andreas Krapp und Tina Hascher, „Die Erforschung menschlicher Motivation“ in Theorien in der Entwicklungspsychologie, Springer VS, Berlin, Heidelberg, 2014, S. 234–251, doi: 10.1007/978-3-642-34805-1_9.

^6 Ryan und Deci, „Intrinsic and Extrinsic Motivations: Classic Definitions and New Directions“ (eng), Contemporary educational psychology, Jg. 25, Nr. 1, S. 54–67, 2000, doi: 10.1006/ceps.1999.1020.

^7 E. L. Deci und R. M. Ryan, „Intrinsic motivation and self-determination in human behavior“, 1985.

^8 M. Sailer, Die Wirkung von Gamification auf Motivation und Leistung: Empirische Studien im Kontext manueller Arbeitsprozesse. Wiesbaden: Springer, 2016.

^9 B. Breyer und M. Bluemke, „Deutsche Version der Positive and Negative Affect Schedule PANAS (GESIS Panel)“, 2016.

^10 F. Paas, P. Ayres und M. Pachman, „Assessment of Cognitive LoAd in muLtimediA LeArning theory, methods and Applications.“, 2008.

^11 R. M. Ryan und E. L. Deci, „Self-determination theory and the facilitation of intrinsic motivation, social development, and well-being“, American Psychologist, Jg. 55, Nr. 1, S. 68–78, 2000, doi: 10.1037/0003-066X.55.1.68.


Contact Persons at the University Würzburg

Dr. Sebastian Oberdörfer
Mensch-Computer-Interaktion, Universität Würzburg
sebastian.oberdoerfer@uni-wuerzburg.de

Legal Information